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IPPNW

Fukushima-Newsletter vom 11.12.2013

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

trotz der Atomkatastrophe von Fukushima will Japan an der Atomenergie festhalten. Ein Regierungsausschuss berät zurzeit über den langfristigen Plan zur Energieversorgung des Landes. Laut dem Industrieminister Toshimitsu Motegi steuere man auf die Erkenntnis zu, dass Atomenergie eine wichtige Stromquelle sei und weiter genutzt werde. Derweil hat ausgerechnet der rechtsgerichtete Ex-Regierungschef Junichiro Koizumi seinen Nachfolger Shinzo Abe zum sofortigen Atomausstieg gedrängt. Die 50 abgeschalteten Reaktoren in ganz Japan sollten nie wieder in Betrieb gehen. Mitte diesen Monats will der Aussschuss seinen Entwurf vorlegen. Der Ausgang dieses innerjapanischen Ringen um die Zukunft der Atompolitik bleibt weiter offen. Doch auch in Deutschland gibt es bereits wieder erste Stimmen, die offen mit Laufzeitverlängerungen kokettieren. Unser kritisches Input wird offenbar weiter benötigt.

Mit freundlichen Grüßen

Alex Rosen und Angelika Wilmen

IAEO lobt Rückkehr von Evakuierten in verseuchte Gebiete

IAEO-Experte Nesimi Kilic (links) und Pil-Soo Hahn untersuchen am 27.11.2013 eine Wasser-Dekontaminierungsanlage von TEPCO am Atomkraftwerk Fukushima. Foto: Greg Webb / IAEA

Die enormen Anstrengungen, die Japan mit dem Ziel unternehme, „die Lebensbedingungen der von dem Nuklearunfall betroffenen Menschen zu verbessern und dabei auch Evakuierten die Rückkehr zu ermöglichen“, werden in einem vorläufigen Bericht einer Mission der Internationalen Atomenergieagentur (IAEO) sehr gelobt. Vom 14. bis 21. Oktober 2013 hielt sich ein Ausschuss der IAEO in Tokyo und Fukushima auf. Gewaltige Fortschritte sieht die IAEO-Delegation bei der Implementierung des Wiederherstellungsprogramms zur Senkung der Strahlenexposition in den betroffenen Gebieten. Annette Hack kommentiert im aktuellen Strahlentelex, dass nicht die IAEO zu entscheiden habe, welcher Grad an radioaktiver Verschmutzung von Boden, Luft und Lebensmitteln "akzeptabel" ist. Die IPPNW hält eine Rückkehr der Evakuierten für zu früh und zu unbedacht: Die Menschen würden einem unnötigem Risiko ausgesetzt.
Bestellen Sie ein Probeexemplar des aktuellen Strahlentelex Nr. 646-647 und lesen Sie den vollständigen Bericht und Kommentar.

Die meisten Evakuierten wollen nicht zurückkehren

Kontaminierter Kinderspielplatz in Japan. Foto: Ian Thomas Ash

Eine im August und September 2013 durchgeführte Befragung von 5.677 Haushalten, die ursprünglich in der heutigen Evakuierungszone von Minamisoma ansässig waren, kommt zu dem Schluss, dass nur ein Drittel dieser Personen die Absicht hat, wieder zurückzukehren, selbst wenn die Evakuierungen jetzt aufgehoben würden. Das berichtete Jens Proll von spreadnews.de anhand einer Meldung der Nachrichtenagentur NHK. Die Umfrage geht auf eine Zusammenarbeit zwischen der Behörde für Wiederaufbau und der Stadtverwaltung Minamisoma zurück. Die Ergebnisse sollen in einen Rückkehrplan für evakuierte Bürger einfließen.

Zahl von Schilddrüsenkrebsfällen besorgniserregend

Am 12.11.2013 sind die aktuellen Daten der Schilddrüsenscreenings in Japan veröffentlicht worden. In den letzten drei Jahren wurden insgesamt 289.960 Kinder untersucht. Foto: Ian Thomas Ash

Am 12. November 2013 sind die aktuellen Daten der Schilddrüsenscreenings in Japan veröffentlicht worden. In den letzten drei Jahren wurden insgesamt 289.960 Kinder untersucht. Für 225.537 (etwa 78%) der Kinder liegen Ergebnisse vor, 1.559 hatten verdächtige Befunde. Bei 26 Kindern wurde Schilddrüsenkrebs festgestellt. Das bedeutet eine Prävalenz von 11,5 pro 100.000 Einwohnern (die normale Inzidenz von Schilddrüsen-Karzinomen bei Kindern < 18 Jahren in Japan liegt bei etwa 0,35 pro 100.000). IPPNW-Arzt Dr. Alex Rosen sieht die Zahlen aus Fukushima weiterhin mit Besorgnis. Sie ließen aber noch keine Aussagen über einen Anstieg der Schilddrüsenkrebsinzidenz zu. Dazu müssten erst die Nachuntersuchungen abgewartet werden, die erstmals auch Rückschlüsse auf die Zahl der tatsächlichen Neuerkrankungen in den letzten zwei Jahren. Die zweite Runde an Untersuchungen soll im April 2014 beginnen.

Bergung der Brennelemente aus dem Reaktor 4 hat begonnen

Bergung von Brennelementen am Reaktor 4 im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi. Foto: Tepco

TEPCO hat am Montag den 18. November 2013 die ersten 4 von 1.533 Brennelementen aus dem über dem havarierten Reaktorblock 4 in 30 Metern Höhe hängenden Abklingbecken in einen Transporttank umgeladen. Im Verlauf der Woche konnten insgesamt 22 Brennelemente erfolgreich aus dem Becken geborgen werden, wird berichtet. Danach wurden die Bergungsarbeiten unterbrochen. Nachdem sich Sand und Schwebeteilchen im Lagerbecken nachteilig auf die Sicht ausgewirkt hätten, wolle man zunächst mittels Pumparbeiten das Wassers klären. IPPNW-Arzt Dr. Alex Rosen kommentiert: "TEPCO traut sich mit dem Unterfangen zu viel zu. Bisher wurden solche Manöver noch nie unternommen. Umso wichtiger ist es, im Vorfeld weltweite Expertise einzuholen". (aus Strahlentelex Nr. 646-647/2013)

Dokumentarfilm A2-B-C über Fukushimafolgen in Berlin

Szene aus dem Film A2-B-C von Ian Thomas Ash

Das Raindance Filmfestival Berlin hat am 22. November 2013 den Dokumentarfilm "A2-B-C" über die gesundheitlichen Folgen der atomaren Katastrophe von Fukushima des amerikanischen Filmemachers Ian Thomas Ash gezeigt. Der Film lief Anfang Juni bereits beim Japanischen Filmfestival Nippon Connection in Frankfurt am Main und wurde dort mit dem „Nippon Visions Award“ ausgezeichnet. Der Film begleitet japanische Kinder mit ihren Familien in ihrem persönlichen Alltag. Er zeigt, wie sie mit den drastischen Folgen der Radioaktivität zu kämpfen haben. Ian Thomas Ash berichtete bei einem Treffen mit IPPNW-Ärzten und Ärztinnen, dass die Arbeit der deutschen IPPNW-Sektion in Japan auf großes Interesse stößt.