26.04.2024
Atomenergie-Newsletter vom 26. April 2024
Liebe Freundinnen und Freunde,
heute jährt sich die Atomkatastrophe von Tschernobyl zum 38. Mal. Am 26. April 1986 haben technische Mängel und menschliches Versagen zu einem verheerenden Unfall geführt, dessen Folgen heute immer noch spürbar sind. Fast vier Jahrzehnte später schauen wir wieder mit großer Sorge auf die Ukraine und auf ein Atomkraftwerk, das als Kriegswaffe eingesetzt wird. In den vergangenen Wochen wurde das größte AKW Europas in Saporischschja wiederholt mit Drohnen attackiert. Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde Rafael Grossi warnte in der vergangenen Woche vor dem UN-Sicherheitsrat, ein Atomunfall in Saporischschja sei „gefährlich nahe“. Derselbe Rafael Grossi hat übrigens eine große Initiative gestartet, die für den Bau neuer Atomkraftwerke wirbt. Das klingt unglaublich, ist aber wahr.
Von diesem und weiteren Themen handelt der heutige Atomenergie-Newsletter.
Zunächst möchte ich aber die beeindruckende Rede von IPPNW-Mitglied Dr. Jörg Schmid zum Tschernobyl-Jahrestag mit Ihnen teilen.
Eine gute Lektüre wünscht
Angela Wolff – Referentin für Atomausstieg, Energiewende und Klima
Ein Jahr nach dem Abschalten der letzten drei deutschen Atomkraftwerke liegen die Fakten auf dem Tisch. Das Ende der Atomstromproduktion am 15. April 2023 hat Deutschland nicht nur sicherer gemacht, auch die Unkenrufe der Atomkraftfans haben sich nicht bewahrheitet: Die Lichter sind angeblieben. Die Erneuerbaren haben zudem einen ordentlichen Sprung nach vorn gemacht. Im Jahr 2023 lag ihr Anteil an der Nettostromerzeugung in Deutschland laut Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) bei 59,7 Prozent. Das ist ein Zuwachs von etwa 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Energiewende ist auf dem richtigen Weg und der Atomausstieg ist ein Teil davon. Dennoch halten sich einige Gerüchte zum AKW-Aus hartnäckig. Wir verabschieden die drei populärsten Falschbehauptungen der Atomstrom-Debatte des vergangenen Jahres.
© Eric De Mildt / Greenpeace
Anlässlich des Atomgipfels der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Brüssel legten am 21. März 2024 mehr als 600 Umwelt-, Klimaschutz-, Friedens-, und Menschenrechts-Organisationen aus über 50 Ländern eine gemeinsame Erklärung vor. Die Unterzeichner*innen forderten darin die Regierungen weltweit auf, im Kampf gegen die Klimakrise wertvolle Zeit und Geld nicht mit den Fantastereien der internationalen Atomlobby zu verschwenden.
Gegendarstellung: Schildrüsenkrebs-Inzidenz ist durch Strahlung bedingt
© Ian Thomas Ash
Ein japanisches Autorenteam hat in der Zeitschrift „Journal of Epidemiology“ Untersuchungsergebnisse veröffentlicht, wonach die erhöhte Inzidenz des Schilddrüsenkrebses bei Kindern in der Präfektur Fukushima nicht durch ionisierende Strahlung bedingt sei, sondern durch die Anwendung neuer Diagnostik-Methoden. Fälle von Schilddrüsenkrebs wurden aufgrund der neuen Methodik in einem früheren Stadium als zuvor entdeckt, was zunächst einen signifikanten Anstieg erklärt. Nach zwei Untersuchungsrunden ist die Statistik diesbezüglich jedoch bereinigt. Ein zweiter Gipfel ab 2017 kann entsprechend nicht mit der Untersuchungsmethode erklärt werden, sondern kann als Folge der Strahlenbelastung in Zusammenhang mit der Atomkatastrophe in Fukushima betrachtet werden. Die IPPNW hat mit einem „Letter to the Editors“ auf die Darstellung im Journal of Epidemiology reagiert und an verschiedene Studien erinnert, die bereits nachgewiesen haben, dass eine von der radioaktiven Strahlung abhängige Dosis für die Entstehung des Schilddrüsenkrebses bei Kinder und Jugendlichen verantwortlich ist.